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Fotografiska Berlin

Hip Hop: Conscious, Unconscious

Vom Kiez-Vergnügen zur globalen Musiksprache: 50 Jahre Hip Hop

Kslay, Dollar Bill and crew, 1981 © Henry Chalfant

Oktober 2024. Nach Stationen in New York und Stockholm ist die Ausstellung „Hip Hop: Conscious, Unconscious“ nun bis Ende Januar 2025 auch in Berlin zu sehen. In vier Kapiteln verschafft sie einen Überblick über 200 Fotografien zum Thema Hip Hop in den USA. Sie zeichnet den Weg nach von einer Kultur der Selbstermächtigung und lokalen Eigeninitiative im jeweiligen Kiez zu einem Teil der amerikanischen, und damit sehr schnell auch globalen, Entertainment-Industrie und Künstler*Innen mit teils messianischem Ehrgeiz und Selbstdarstellungsdrang.

Es beginnt mit den Anfängen 1973 im damals verarmten und heruntergekommenen New York, führt zu den anderen und teils erbittert konkurrierenden Hochburgen der HipHop-Kultur in den USA, der East Coast, der West Coast und The South und endet unter der Überschrift Current Generation mit einem Blick in die Gegenwart und Zukunft von Hip Hop. Wie schon der Ausstellungsname andeutet, geht es um die Bewusstwerdung der Hip Hop-Künster*Innen, dass das was sie tun Kunst ist und eine eigene Kultur kreiiert hat, zu der die Musik (das Sampling, Scratching und Rappen) ebenso gehört, wie die Outfits, der Tanz, Graffiti und eben auch die Selbstdarstellung in Fotografie und auch Videos, was allerdings in der Ausstellung nur am Rande Thema ist.

Musikjournalist, Buch- und Filmautor und Hip Hop-Historiker Sacha Jenkins liefert die einführenden Texte zu den jeweiligen Kapiteln. Während die frühen Bilder von Hip Hop noch eher Schnappschüsse sind von Jams, Parties oder Battles, wird die Inszenierung nach und nach immer wichtiger und aufwändiger für die nun weltweit in die Charts stürmenden Künstler*Innen. Wir sehen wie die Jugendlichen auf Straßen und Plätzen ihre damals noch ganz und gar unprofessionellen Anlagen aufbauen um zu feiern und zu tanzen. Gangs dominieren die Straßen, teils um Hand in Hand mit der Polizei für Ordnung zu sorgen und Dealer zu vertreiben. Der DJ Kool Herc feiert im August 1973 mit seiner Schwester Cindy in einem Keller in der Bronx eine Back To School Party, die als Initialzündung für den Hip Hop gilt.

Die Schilder unter den Fotos feiern insbesondere die über 50 Fotograf*Innen und ihre Leistungen und Kreativität, indem sie ihre Name gut lesbar und groß gesetzt haben, die Namen der abgebildeten teils weltberühmten, teils aber auch nur Insidern bekannten Rapper und Produzenten hingegen recht klein. Wir sehen einen Jay-Z entspannt auf einer New Yorker Straße sitzen, die Füße auf eine Straßenrandabsperrung gelegt, auf der ein Fernseher steht. Eminem in der Hocke bei seiner ersten New Yorker Performance auf einer noch kleinen Bühne, fotografiert von Catherine McGann. 1986 lassen sich Salt'n Peppa als girls next door vor einem Kiosk auf einer Straße in der Lower East Side mit Pappbecher in der Hand von Jeanette Beckmann ablichten. Als eine altägyptische Pharaonin inszeniert 1990 die Fotografin Jesse Frohmann die Rapperin Queen Latifah. Street credibility reicht nun nicht mehr, die afroamerikanische Frau, in der rassistischen amerikanischen Sozialordnung eher ganz unten angesiedelt, wird im und durch den Hip Hop zur selbst gekrönten und international gefeierten Königin der weiblichen Selbstermächtigung. Auf dieser Spur folgten später Erykah Badu oder Beyoncé.

Während im Kapitel The South (Heimat von Andre 3000, Erykah Badu oder Missy Elliott) und im Kapitel West Coast oft Autos ins Bild gerückt werden und der Horizont dahinter die Weite der amerikanischen Landschaft ahnen lassen, spielt im Kapitel East Coast die Enge der Stadt und die Verortung der Musiker in diesen von massivem Beton und Backsteinbauten vollgestellten Stadtlandschaften eine größere Rolle. Freiheit und Freiräume gibt es hier nur auf Dächern, in Nischen oder Brachen zwischen den oft riesigen Bauten, auf den renommierten (Apollo Theatre, Radio City Hall) oder improvisierten Bühnen. Im Kapitel Current Generation sehen wir, dass aus den anfänglichen Schnappschüssen heute hochprofessionelle und aufwändige Inszenierungen geworden sind.

Ergänzt wird die Ausstellung über Hip Hop in den USA von einem Überblick über Hip Hop in Deutschland, die in weiteren Kapiteln das hiesige Geschehen und ihre Abbildung durch rund weitere 40 Fotograf*Innen zeigt, und ein deutsches Jugendzimmer aus der frühen Hip Hop-Ära nachgebaut hat. Das Fehlen von Bildern von etlichen prominenten deutschen Hip Hop- oder Deutschrap-Künstler*Innen zeigt allerdings auch, wie die Grabenkämpfe innerhalb der Szene auch die Ausstellungsmacher beeinflusst haben. Merke: Wer rappt und damit womöglich sogar erfolgreich ist, gehört damit noch lange nicht automatisch zur deutschen Hip Hop-Szene. Wer will, kann sich einen Spaß daraus machen, herauszufinden, wer alles nicht in dieser Ausstellung zu sehen ist.

Beide Ausstellungen gemeinsam sind dennoch ein sehenswertes Festival der Hip Hop-Fotografie aus den USA und Deutschland. Da Hip Hop allerdings nicht nur in Deutschland und den USA stattfindet, sondern nach über 50 Jahren zu Recht als musikalische Weltsprache gelten kann, darf man sich für die Zukunft auch noch auf Ausstellungen zu Hip Hop in anderen Ländern (England, Frankreich, Spanien, arabische Länder) und Kontinenten (Afrika, Lateinamerika, Asien) wünschen. Bilder auch davon gibt es sicher genug.

berlin.fotografiska.com

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Mehr Infos und Links zum Album unter www.oliverhafkeahmad.de


 
     





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