News
|
||
À L'Arme!-Festival 2019An die Waffen Teil sieben!Am Mittwoch 31.7. startet in Berlin die siebte Ausgabe des Alarme-Festival für Avantgarde-Jazz und experimentelle Musik. Der erste Abend startet mit einer Solo-Performance des Drummers Greg Fox und wird gefolgt von dem Trio Gurls aus Norwegen. Das dritte Set spielt ein schwedisch-amerikanisch-deutsches Quintett um den Saxophonisten Mats Gustafsson. In den folgenden Tagen kann man sich auf eine Begegnung von Nils Petter Molvaer und Hedvig Molestad freuen, sowie mehrere Großensembles und die Soloperformance von Saxophonistin Matana Roberts. Berlinale 2019Wo aus Wind eine Zukunft wirdDer Film The Boy Who Harnessed the Wind bei der Berlinale Special Gala
Weite afrikanische Landschaft, Wind fegt durch einen Schilfhain. Maskentänzer auf Stelzen gehen zu einer Zeremonie. Dorfleben im südostafrikanischen Malawi: ein Junge bekommt eine Schuluniform für die Oberschule geschenkt, der Vater hackt mit einfachstem Werkzeug auf der familieneigenen Scholle. William, der Sohn, liebt es, an elektrischen Geräten zu tüfteln und repariert die Radios der Eltern und Nachbarn. Auf dem lokalen Schrottplatz, womöglich gefüllt mit europäischen Müllexporten, findet sich immer irgendetwas brauchbares. Die Eltern sind Bauern und müssen kalkulieren, können wir uns das Schulgeld leisten oder müssen wir das Geld zurücklegen falls es eine Missernte gibt? Erst gibt es zuviel Regen, dann zuviel Trockenheit, viele Bauern verkaufen gegen den Rat des Dorfchiefs die schützenden Bäume. Die Missernte kommt, der Junge (Maxwell Simba) darf nicht mehr zur Schule gehen, Hunger nimmt das Dorf in Besitz und beginnt, die Einwohner zu vertreiben. Doch der Junge hat eine Idee, warum nicht den Wind nutzen und ein Windrad bauen, um Strom zu erzeugen und damit eine Autobatterie aufzuladen, die dann eine Pumpe antreibt, mit der das Wasser aus dem Brunnen auf die staubtrockenen Felder geleitet werden kann? Wie das gehen soll, lernt er in der Schulbibliothek, in die sich der Junge heimlich hineinschleicht. Der Vater muss dafür aber sein Fahrrad opfern, einziges Fahrzeug der Familie, der ehemalige Lehrer des Jungen, inzwischen mit dessen Schwester durchgebrannt, spendet den Dynamo seines chinesischen Fahrrads. Dem britischen Schauspieler und Regisseur Chiwetel Ejiofor (Hauptdarsteller in 12 Years A Slave) ist mit seinem Regiedebüt und einem ausdrucksstarken Casting (bildschön und kraftvoll: Aïssa Maïga als Mutter) ein mitreißender Film gelungen, in dem er selbst den besorgten aber ungebildeten und wissenschaftsskeptischen Vater spielt. Der Film handelt von der unschätzbaren Bedeutung von Bildung für die Fähigkeit scheinbar unabwendbare Probleme zu lösen und damit gutes für seine Community zu tun und schicksalhafte Kreisläufe zu durchbrechen. Der Film, eine Netflix-Produktion und ebendort demnächst zu sehen, beruht auf der wahren Geschichte und dem autobiografischen Roman von William Kamkwamba. Er hat darin seinen eigenen Werdegang beschrieben: vom tüftelnden Dorfjungen, der mit seinem gegen viele Widerstände selbst gebauten Windrad seinem Dorf eine stabile Wasserversorgung und zwei Ernten pro Jahr beschert hat, zum Schüler, Studenten, zum Absolventen der Umweltwissenschaften und heutigen Innovationsmanager, der in der Pressekonferenz der Berlinale davon träumt, in seinem Land ein Innovationszentrum aufzubauen. Beim Screening des Films im Friedrichstadtpalast im Rahmen der Berlinale Special Gala erhält der Film, sein Regisseur, die SchauspielerInnen und der Autor des Romans zu Recht minutenlange Standing Ovations. Ein großartiger und inspirierender Film, der nicht nur von der Kraft des Windes und des Erfindungsgeistes, sondern ganz nebenbei auch noch von der spirituellen Kultur, von der Sprachenvielfalt, der weiten Landschaft und den Menschen in Malawi erzählt. Er zeigt einmal mehr, der afrikanische Kontinent und noch viel allgemeiner, die Peripherie jenseits der großen internationalen Metropolen, hat noch viele Geschichten von universeller Bedeutung zu erzählen, dank der Berlinale finden sie auch ein internationales Publikum. Video der Berlinale Pressekonferenz Technosphärenklänge #6Musik und Maschine22.11.2018 Wie kann Musik auf die Verschränkung von natürlichen, sozialen und technischen Prozessen reagieren? Im Rahmen der Veranstaltungsreihe 100 Jahre Gegenwart beschäftigt sich das Haus der Kulturen der Welt gemeinsam mit dem CTM-Festival mit Künstlern, die diese Frage zu beantworten versuchen. Unter der Überschrift Technosphärenklänge performen am Freitag (23.11., 20h) die Band Mouse On Mars mit dem Dimensional People Ensemble also vielen Gastmusikern und Sonic Robots von Moritz Geist. Die Choreographen Marco Donnarumma und Nunu Kong lassen in der Performance Alia: Zu tài (Weltpremiere) drei Tänzer mit robotischen Prothesen interagieren. Am Samstag (24.11., 15h) gibt es zum Thema bei freiem Eintritt Vorträge und Gespräche mit Marco Donnarumma, Lingling Chen, Manfred Hild und Nunu Kong, moderiert von Jan Rohlf. Most Wanted Music 2018AI, VR, AR, XR – alles klar?
9.11.2018. Dies ist der Ort, wo die Zukunft der Kreativität verhandelt wird. Ein ziemlich heruntergerocktes Gebäude in der Mitte Berlins mit dem Bröckelcharme der Nachwendezeit. Die Alte Münze, idyllisch gelegen an der Schleuse am Mühlendamm ist, wohl eines der letzten unsanierten historischen Gebäude, es ist umstellt von neuen oder frisch sanierten alten Immobilien, die allesamt mehr nach Zukunft aussehen als dieses. Dennoch trifft sich hier zwei Tage lang unter der Überschrift Where You Shape The Future of Creativity die (Pop-)Musik- und musikaffine Tech-Branche. Die Berlin Music Commission hat dazu erneut eingeladen unterstützt vom Berliner Senat und der EU. Die Themen, die hier verhandelt werden, betreffen allerdings nicht nur das Pop-Genre, sondern sind für Jazz-, World- oder Klassische Musiker von ebensolchem Interesse. Ein immer wiederkehrender Grundtenor im Laufe der zwei Tage formuliert Olaf Kretzschmer der Vorstandsvorsitzende der Berlin Music Commission gleich bei der Eröffnung: die Musikwelt müsse die technische Entwicklung mitgestalten und nicht ihr hinterherlaufen oder sich gar von ihr überrollen lassen. Musiker sollten Netzwerke bilden und sich organisieren, ihre Interessen lautstark formulieren. Staatssekretär Christian Richerts ergänzt, dass Kultur ein wichtiger Standortfaktor für Berlin sei und andere weit weniger innovationsfreudige Branchen von den Innovationen der Kreativbranche profitieren würden. Wie er die zumeist finanzschwache und kostengünstige Freiräume benötigende Kreativbranche in der immer enger und teurer werdenden Stadt halten will, verriet er allerdings nicht. NASA-Technik für die BühneIn vier Räumen der ehemaligen Münzprägeanstalt werden viele Aspekte des technologischen Wandels auf das Musikgeschäft diskutiert und Innovationen vorgestellt. Die amerikanische Raumfahrtprofessorin und NASA-Mitarbeiterin Kelly Snook führt ihren Kepler Concordia vor. Einen Handschuh mit dem man wie von Geisterhand Musik, Licht, Video oder Effekte erzeugen oder steuern kann. Er ist verbunden mit einer Software, die die Daten des Handschuhs in beliebige Parameter übersetzen kann. Man kann damit genauso Luftgitarre spielen, wie Synthesizer, Sampler oder Lichtanlagen steuern. Snook sieht in ihrer Arbeit nichts anderes als die Fortsetzung der wissenschaftlichen Theorien von Johannes Kepler, für den Musik im 17. Jahrhundert noch ein Teil der grundlegenden Wissenschaften wie Philosophie, Mathematik und Geometrie war und weniger eine individuelle künstlerische Ausdrucksform. Popmusikerinnen wie Ariana Grande durften den Concordia bereits ausprobieren und verwenden. In die Online-Shops soll er möglichst im Sommer 2019 kommen. Im Panel über Streaming und Playlisten konnte man von Jochen Steffens von der TU Berlin lernen, dass der vertraute oder vertraut klingende Titel bei Streamingdiensten häufiger gewählt wird und flüssig auszusprechende Namen bessere Bewertungen erhalten, als andere, unabhängig von der Musik, die dahinter steht. Auch neutral klingende Songtitel erhielten bessere Bewertungen als Titel mit eindeutig positiv oder negativ besetzten Begriffen. Die Firma Eventbrite erklärt in einem Vortrag, wie man direkt aus Social Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Youtube oder auch aus dem Stramingdienst Spotify heraus Tickets für Veranstaltungen verkaufen kann, ohne die User auf eine andere Website lotsen zu müssen. Die Firma Soundcharts wiederum durchwühlt die Daten von Facebook, Spotify, itunes und Co., um den Kunden auf einem Dashboard Überblick zu verschaffen über die Zusammenhänge von Charterfolgen, Ticketverkäufen und Social Media-Aktivitäten eines bestimmten Künstlers. Next big thing oder virtuelles Gimmick?Auch softskills werden hier vermittelt, ein neuer Stil, die kollektive Führung, die von Hierarchien und sinnlosen Ritualen frustrierten und demotivierten Mitarbeitern (von Tech-Unternehmen) zu verantwortlicher Freiheit und dynamischen Entscheidungen und damit zu neuer Freude an der Arbeit verhelfen will. Das Musiklabel der Zukunft müsse die veralteten Vertragsstrukturen ablegen und sich den Realitäten der heutzutage häufig kleinteiligen Einnahmen aus Streaming, Download, physichen Verkäufen, Lizenzen stellen und deutlich gesunkenen Produktions- und Vertriebskosten stellen, ist der Tenor beim Panel Label of Tommorrow. Oliver Goedicke vom Label BLCKCHN fasst zusammen, dass es heute drei Optionen für Künstler gibt in den Musikmarkt einzutreten: Vertrag mit einem Major Label, Teilnahme an einer Casting Show oder Zusammenarbeit mit Indie-Label bzw. Selfpublishing. Warum es Label überhaupt noch braucht, erkläre sich nur aus Menge an Aufgaben, die ein Künstler sonst alle selbst übernehmen müsste: neben Komposition, Produktion und Performance auch Booking, Marketing, Social Media-Kanäle bespielen, Videos drehen usw. Wirklich erfolgreich auf all diesen Ebenen kann niemand ganz allein sein, man brauche dafür ein Team. Das Panel über Cutting Edge Music Marketing beschäftigt sich mit den schönen neuen Abkürzungen der Tech-Welt. VR (Virtual Reality: Künstliche Welten, Avatare u.ä.) sei eher als Gimmick für gelegentliche PR-Erfolge zu sehen. AR (Augmented Reality) könne mit ihrem Mix aus realen Bildern und künstlichen Welten oder Figuren eine unterhaltsame Ergänzung oder gelegentlich auch Ersatz für ein verpasstes Live-Konzert sein. Apps, die Remixe ermöglichen (Björks Biophelia) oder 360°-Aufnahmen könnten Fans begeistern und ergänzen oder ersetzen die Live-CD oder -DVD. AI (Künstliche Intelligenz) könnte z.B. als Messenger-Bot im Bereich Social Media helfen, die vielen Anfragen der Fans automatisch zu beantworten. Großes Potential sehen die Panel-Teilnehmer in den Voice-Assistenten wie Alexa oder Echo, die zukünftig nicht nur sprachgesteuert Songs abspielen könnten, sondern aufgrund der dabei entstandenen Daten, Empfehlungen geben für Neuerscheinungen. Alle Panelteilnehmer glauben, das nächste große Ding stehe kurz bevor, es wird womöglich aus dem XR genannten Cross-Reality-Bereich stammen, der Virtual Reality (VR), Künstliche Intelligenz (AI) und Augmented Reality (AR) clever miteinander verbindet. Auch im Panel über Immersive Media geht es um die Versprechen, die aus Tools wie den Virtual Reality-Brillen, entstehen. Samsung verspreche in seiner Werbung dem couch potatoe mit VR-Brille das gleiche hochemotionale 360°-Erlebnis, wie dem echten Besucher eines Konzertes. 360°-Videos und -Anwendungen böten viel Potential für die Bindung von Fans, den Bau neuer Instrumente und Interaktivität. Doch um wirklich massenwirksam zu sein, fehlte vielen der Zugang zu VR-Brillen. Gamer werden zu Co-KomponistenIn vielen verschiedenen Runden wird die Frage nach den Möglichkeiten der AI (Artificial Intelligence) in der Musik gefragt. Prof. Sebastian Stober zeigt in seinem Vortrag Programme auf, die Musik schreiben können oder vorhandene Songs nach Vorgaben verändern, angefangen bei Mozarts Musikalischem Würfelspiel, mit dem personalisierte Walzermelodien entstehen, bis hin zu Jukedeck (kreiert Soundtracks für Videos), Ampermusic (Production Music), Melodrive (adaptive Musik on the fly) oder Jamsketch (kann auf Basis analysierter Soli von Jazzmusikern Melodien erfinden). Für Komponisten von Musik für Computergames stellt sich das Problem, dass jeder Spieler ein eigenes Tempo hat. Wie kann man also eine Musik schreiben, die dem Spieltempo und der emotionalen Situation des Spiels zu jedem Zeitpunkt entspricht. Eine Software liefert dazu erste vielversprechende Ansätze und macht den Spieler quasi zum Co-Komponisten. Die Ergebnisse der meisten vorgestellten Programme erscheinen noch sehr fragwürdig und rudimentär, emotionslos. Und dies scheint ein Hauptproblem, eine Software, die keine Emotionen hat, kann Emotionen bestenfalls simulieren. Eine Software, die keine kulturelle Bildung und persönlichen Geschmack hat, kann das von ihr selbst produzierte Ergebnis auch nicht beurteilen. In der anschließenden Diskussion kamen die Beteiligten zum Resultat im Augenblick sollte AI daher Musik von Menschenhand ergänzen kann sie aber (noch) nicht ersetzen. Die Musiker auf der MWM 2018 können aufatmen, noch werden sie gebraucht. Die Frage ist, wie lange noch? Wann übernehmen die Programmierer der Software-Riesen und Plattformbetreiber mittels treffsicherer und intelligenter Algorithmen die Musikproduktion und lassen sie von virtuellen Stars in virtuellen Welten vorführen, um dann den ganzen Gewinn für sich behalten? Noch ist es nicht so weit, aber es wird fieberhaft daran gearbeitet. Hier geht es zu unserem News-Archiv... Werbung |
||
gefläshed - Magazin für Musik und Kultur |