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Neue Musik

   
  Album-Rezension

Rolf Kühn - Spotlights

Immer besser

Noch mit 87 Jahren klingt Rolf Kühns Klarinettenspiel federleicht und präzise, ausdrucksstark und lyrisch. Der in Berlin lebende Klarinettist veröffentlicht nun bei dem wiederbelebten Schwarzwälder Label MPS sein neues Album Spotlights. Es enthält kammermusikalische Ausflüge, wie das Duo mit dem brasilianischen Bandonim-Spieler Hamilton de Holanda in den Kompositionen Pinocchio's Dream und Pinocchio's Dance oder Choro do Portina. Das hochdramatische Don't Forget ist ein Duo mit dem Piano seines Bruders Joachim Kühn und klingt teils rockig teils nach Neuer Musik. In Broken City befindet sich Kühn im Zwiegespräch mit dem Cello der Kroatin Asja Valcic.

Die lyrische Ballade Laura und das swingende Fingerprints sind ein Zusammentreffen mit Albrecht Mayer, dem Solo- Oboisten der Berliner Philharmoniker. Die beiden konkurrieren hier nicht miteinander sondern harmonieren im besten Sinne. In A Strange Sunrise erklingt Kühns Klarinette im Zusammenspiel mit vorantreibenden Streicherlinien und Christian Lillingers orientalisch anmutendem Schlagzeug. Auf X-Ray und Flip Flop erklingt die dunkel growlende Bruststimme des brasilianischen Sängers Ed Motta, der sich hier mal nicht als Soul-Jazz-Sänger, sondern als experimentierfreudiger Stimmvirtuose zeigt. Spotlights ist ein hörenswertes und zeitloses Album, das trotz der vielen Gäste wie aus einem Guss klingt. Es stammt von einem Musiker (Jahrgang 1929!), dem die Zeit offensichtlich nichts anhaben kann, sondern der tatsächlich immer besser wird.

V.Ö. 30.09.2016
www.rolf-kuehn.de
www.jpc.de


The Roger Cicero Jazz Experience

Des Himmelstürmers letztes Werk

Ein regnerischer Montag im Hamburg zu Beginn der 2000er Jahre. Der Autor dieser Zeilen ist beruflich in der Hafenstadt und stolpert am Abend in einen kleinen Klub auf der Reeperbahn. Schon auf der Treppe nach oben traut der Autor seinen Ohren nicht: klingt das dort im ersten Stock nicht wie Stevie Wonder?

Es klingt verdammt ähnlich. Oben angekommen sitzt da ein junger und offensichtlich deutscher Pianist und Sänger mit nicht mehr ganz so vielen Haaren mitten im Raum an einem Keyboard, groovt und singt sich die Seele zu einem Stevie Wonder Song aus dem Leib – vor ungefähr zehn Zuschauern! Was für ein Talent und was für eine Verschwendung, dachte der Autor, hörte zu, trank ein Bier und vergaß den Sänger wieder.

Nur wenige Jahre später wurde dieses Talent, inzwischen nur noch mit Hut, für die große Öffentlichkeit entdeckt, sein Publikum vervielfachte sich, Sänger und Pianist Roger Cicero entkam im Jahr 2006 mit dem Big Band-Album „Männersachen“ der Namenlosigkeit der vielen lokalen Talente, die in Deutschland Abend für Abend in kleineren und größeren Klubs spielen und trotzdem kaum je wirklich Aufmerksamkeit wecken. Die Mischung aus Big Band-Swing und augenzwinkernden deutschsprachigen Texten von Matthias Haß und Frank Ramond („Zieh die Schuhe aus“, „Frauen regieren die Welt“) traf den Nerv der Zeit.

Cicero, Sohn eines Jazzpianisten erschien zehn Jahre nach Beendigung seines Jazzstudiums in Hilversum mit Bravour auf der deutschen Musiklandschaft und eroberte mit seinem im besten Sinne populären Vokal-Jazz sogar die Sphären der Popmusik, die den meisten Jazzmusikern verwehrt bleiben. Cicero kam nun ins Fernsehen, mischte beim Eurovision Song Contest nicht ganz so erfolgreich mit, sang mit Xavier Naidoo bei „Sing meinen Song“, moderierte den Jazz Echo, spielte neben Heike Makatsch in einem Kinofilm mit („Hilde“).

Mit nur 45 Jahren ist der in Berlin geborene und aufgewachsene im März 2016 überraschend verstorben und hat mit The Roger Cicero Jazz Experience noch ein Kleinod des vokalen Jazz hinterlassen. Auf dem Album zeigt er in klassischer Quartett-Besetzung mit Piano/E-Piano/Orgel (Maik Schott), Kontrabass (Hervé Jeanne) und Schlagzeug (Matthias Meusel) sein Können und das ist beträchtlich. Er konnte das Himmelstürmende des Soul ebenso gut, wie intime und nachdenkliche Balladen.

Wer die Musik eines Kurt Elling oder Gregory Porter schätzt, wird mit diesem Album sicher ebenfalls glücklich werden. Insgesamt zehn Songs, darunter auch Klassiker des Singer-Songwriter-Pop wie Paul Simons „50 Ways To Leave Your Lover“ oder Tom Waits „Tom Traubert's Blues“ werden neben mit großer Intensität interpretiert, ohne dass versucht wurde, die Originale in Sound oder Stil zu kopieren.
Oliver Hafke Ahmad

The Roger Cicero Jazz Experience
www.wavemusic.de


Ein Jazz-Meilenstein als Debüt

Die Jazzwelt steht Kopf wegen dieses Mannes und seines sensationellen Debütalbums. Der 32jährige Saxophonist und Komponist Kamasi Washington hat sich mit „The Epic“ quasi über Nacht an die Spitze der amerikanischen Jazzelite katapultiert und das ohne Unterstützung eines Major-Labels und vor allem ohne künstlerische Kompromisse, sondern mit einer künstlerischer Konsequenz, die seinesgleichen sucht. Im November kommt er mit „nur“ acht Kollegen erstmals nach Deutschland.

Ein 32-köpfiges Jazz- und Streichorchester mit zwei Bassisten und zwei Schlagzeugern. Ein 20-köpfiger Chor und 17 Songs verteilt auf drei CDs unter drei Überschriften („The Plan“, „The Glorious Tale“, „The Historic Repetition“). Kamasi Washingtons „The Epic“ ist ein weit ausholendes Werk. Es atmet das Epos der afroamerikanischen Geschichte von der Sklaverei, über die Bürgerrechtsbewegung („Malcolms Theme“) bis zum Afrofuturismus. Es ist tief verwurzelt in den Traditionen und dennoch frei und voller unbändiger Energie. Bereits der erste Song des ersten Teils („The Plan“) namens „Change of the Guard“ ist einerseits eine mitreißende Melodie und ein rasanter modaler Swing mit einem Chorbackground und hochenergetischem Klaviersolo.

Keine Studioband, sondern ein Communityprojekt

Foto: Promo

Die Musiker des Riesenensembles stammen aus Los Angeles, South Central und kennen sich teilweise seit sie noch Kleinkinder oder Teenager waren, es ist also keine zusammengewürfelte Studioband, sondern ein Community-Projekt. Deshalb und vor allem dank der Schreibkünste Kamasi Washingtons, die vor allem auf das Erzeugen von Emotionen und Extase abzielen und nicht auf das Vorführen von musikalisch-technischen Möglichkeiten, klingt dieses Großensemble auch nicht so spröde und verkopft, wie man es schon häufig in europäischen Jazz-Orchesterwerken gehört hat, sondern einfach und direkt wie ein Quintett. Die Musik packt einen in der Seele und lässt einen nicht mehr los.

Große Freiheit und existentielle Intensität

Fein arrangierte Bläserflächen und tremolierende Hammond-Orgel („Isabelle“), flirrende Synthesizer, perkussive Jazzgitarren, mal wuchtiges mal romantisches Klavier - Kamasi Washington beherrscht den Einsatz des Jazzinstrumentariums meisterlich und dennoch hat man nie das Gefühl hier oberlehrerhaft etwas vorgeführt zu bekommen. Archie Shepp, Pharoah Sanders und John Coltrane klingen selbstverständlich durch im Spiel von Kamasi Washington. Blues, Free Jazz, Hard Bop, Bebop, Swing – all dies ist hier so meisterlich enthalten und dennoch weit entfernt von dem pädagogischen Zeigefinger, den Wynton Marsalis so gerne erhebt.

Und Kamasi nimmt sich Zeit die Stücke zu entwickeln und atmen zu lassen, das kürzeste Stück „Final Thought“ ist sechs Minuten lang, das längste („The Next Step“) fast fünfzehn. So können sich die Solisten und das Ensemble Zeit lassen dramaturgische Bögen zu entwickeln, die den Hörer mitnehmen in eine musikalische Welt großer Freiheit und existentieller Intensität.

Foto: Mike Park

Antwort auf die rassistischen Ereignisse der letzten Monate, Jahre, Jahrzehnte

Man kann „The Epic“ als direkte Antwort lesen auf die rassistischen Ereignisse der letzten Monate, Jahre und wohl auch Jahrzehnte in den USA und in Los Angeles. „Wir haben etwas zu sagen, wir haben eine lange oft schmerzvolle Geschichte aber trotzdem eine große Zukunft“ das scheint Kamasi Washington mit dem federleicht daherkommenden Song „The Rhythm Changes“ und dem gesamten Album seinen Leuten, aber insbesondere den Rassisten ins Gesicht zu schleudern, die in afroamerikanischen Jugendlichen und jungen Männern, im Grunde in der gesamten schwarzen Bevölkerung, ausschließlich ein kriminalistisches Problem sehen und sie durch die Kriminalisierung und ständigen Demütigungen im Alltag fernhalten wollen von der Teilhabe am Wohlstand und von der Anerkennung als Menschen unter Gleichen.

Zu welcher kulturellen Leistung ebendiese Bevölkerungsgruppe fähig ist, das zeigt Kamasi Washington hier in aller Opulenz, Farbenpracht, mit großer spiritueller Tiefe und in epischer Breite. Diese Geschichte lohnt es unbedingt gehört zu werden. Das Album ist schon jetzt ein Meilenstein der Jazzgeschichte und wird wohl zurecht demnächst mit Preisen überhäuft werden.

Oliver Hafke Ahmad

Kamasi Washington, The Epic, Brainfeeder, www.kamasiwashington.com

  • 17.08.2016 Hamburg | Stadtpark verlegt ins Gruenspan
  • 16.08.2016 Berlin | Astra Kulturhaus
  • 06.11.2015 - Hamburg | Gruenspan
  • 08.11.2015 - Mannheim | Enjoy Jazz Festival
  • 17.11.2015 - Köln | Club Bahnhof Ehrenfehld
  • 18.11.2015 - München | Unterfahrt
  • 22.11.2015 - Berlin | Neue Heimat


Afro-Scandinavian-Jazz

Ein Musikstipendium brachte den finnischen Gitarristen Janne Halonen nach Benin in Westafrika. Durch die Freundschaft zum Perkussionisten und Sänger Noël Saizonou entstand das Helsinki-Cotonou Ensemble mit sechs finnischen und zwei westafrikanischen Musikern. Die zweite CD dieser Kollaboration ist erneut eine brodelnde Mischung aus Fusion-Jazz mit Bläsern, sägenden Keyboardsounds, spirituellen afrikanischen Grooves und Gesang. Natürlich gibt es auch treibenden Afrobeat á la Fela Kuti. Kein Album zum Stillsitzen!

Helsinki-Cotonou Ensemble – Fire, Sweat & Pastis, Flowfish Records, www.flowfish.de, www.helsinkicotonouensemble.com


Tuareg-Rock

Ein verpasster Flug nach Bamako hat den Gitarristen Diara seinen Platz in der erfolgreichen Tuareg Rock Band Tinariwen gekostet, die seit Jahren auch Europa bereist. So gründete Diara mit seinem Neffen Sanou ein eigenes Ensemble mit dem er nun bereits sein fünftes Album herausbringt. Fans von Tinariwen werden auch die Band Terakaft mögen, die Musik ihres Albums Ténéré (Alone) ist ebenso hypnotisch und Groove orientiert, fügt aber dem Genre auch nichts erkennbar Neues hinzu. Teils schwere, teils treibende nordafrikanische Rhythmen treffen auf sich wiederholende Gitarrenlicks, bluesige Phrasen und Tuareg-Gesang. Ein Album wie der Herkunftsort die Sahara, scheinbar immer wieder gleich aber dennoch faszinierend.

Terakaft – Ténéré (Alone), Outhere Records, www.outhere.de


Imaginärer Filmsoundtrack

Tremolierende Gitarren, schmachtender italienischer, englischer, französischer Gesang, Vibraphon, einsame Bläser. Beim Erklingen der Musik des Ensembles SacriCuori aus der Romagna Italiens entstehen vor dem inneren Auge des Zuhörers Filmszenen, die so in der legendären Cinecittá entstanden sein könnten oder eben von Hollywood-Regisseuren mit Kultcharakter. Easy Listening trifft auf experimentelle Elektronikklänge, Chanson auf Spaghettiwesternblues. Das über zwei Jahre entstandene Album hat als Stargäste Gitarrist Marc Ribot, Pianist Evan Lurie, Sonic Youth Drummer Steve Shelley und die Chanteusen Carla Lippis, Emmanuelle Sigal und den Sänger von Giant Sand Howe Gelb. Ein Album für einen Sommernachtskinotraum.

SacriCuori – Delone, Glitterbeat, Vertrieb Indigo


Bob Marley zum 70. Geburtstag: Live-Mitschnitt aus Boston von 1978

Am 13. Februar wäre er 70 Jahre alt geworden: Robert Nestor Marley, genannt Bob. Der jamaikanische Sänger, Gitarrist und Songwriter hat auch Jahrzehnte nach seinem Tod im Jahr 1981 nichts von seiner Faszination und vor allem seine Musik und Performance nichts von ihrer Dringlichkeit verloren. Das ist es, was wir in der DVD- und CD-Box „Easy Skanking in Boston '78“ hören und sehen können, die eine Reihe von Wiederveröffentlichungen von Bob Marley-Material in diesem Jahr einläutet.

Der Sound der Band und die Hälfte der Songs sind dem Besitzer des Live-Doppel-Albums „Babylon by Bus“ allerdings bestens bekannt, denn es entstand nur wenige Wochen später Ende Juni während derselben Welttournee zum damals neu erschienen Studioalbum „Kaya“ mit gleicher Besetzung und ähnlicher Setlist, wurde aber in Europa (Paris, Kopenhagen, London und Amsterdam) aufgenommen.

Das besondere an der nun vorliegenden Aufnahme vom 8. Juni 1978 aus Boston in den USA ist, dass hier ein Fan die Erlaubnis hatte, das Konzert aufzunehmen. Mit nur einer Handkamera, unterbrochen durch mehrere Rollenwechsel, hat der namentlich nicht genannte Fan sich vor allem auf Bob Marley konzentriert, aber zwischendurch auch Teile der Band eingefangen, den Background-Chor die „I Threes“ oder Lead-Gitarrist Junior Marvin, der immer wieder Publikum und Band animiert. Dabei hatte der Fan dank der unsteten Lichtverhältnisse und der Bewegungsfreude Bob Marleys seine liebe Not, scharfe und ausreichend helle Bilder aufzunehmen.

Aus der Froschperspektive des Fans am Bühnenrand fängt der unbekannte Kameramann Bob Marley in seiner Trance artigen Bühnenperformance ein, der jeden Song mit der seelischen Dringlichkeit des zutiefst Betroffenen ausdrückt. Bob Marley wurde in Kingston angeschossen und lebte in London etliche Jahre im Exil und half nur wenige Wochen vor dem Bostoner Konzert bei der Aussöhnung der verfeindeten politischen Parteien in Jamaika.

Im blauen Jeanshemd, eine naturbelassene Les Paul-Gitarre um den Hals, quält sich Bob Marley mit geschlossenen Augen durch die Themen Rassismus, Bürgerkrieg, Armut und bekämpft all diese Missstände mit Hoffnung, Gottvertrauen und vor allem mitreißender Musik. Die achtköpfige Band The Wailers erzeugt noch immer ein magisches Rhythmusgeflecht, das vorantreibt und hypnotisiert. Ihr Leadsänger tanzt sich derweil in Trance und singt mit der bekannt heiseren Stimme, die von all dem Leiden der schwarzen Bevölkerung in der ehemaligen britischen Kolonie Jamaika getränkt zu sein scheint.

Choreographierte Tanzschritte, Kostüme, kalkulierte Tabubrüche und aufwendige Licht – oder Videoeffekte, alles scheinbar unverzichtbare Ingredienzen heutiger Popmusikkonzerte, gibt es in dieser Show noch nicht. Bob Marley und seine Band tragen allein mit ihrer Musik, den Texten und ihrer Überzeugungskraft durch den Abend mit Songs wie „Rebel Music“, „Jammin'“ oder „War/No More Trouble“.

Sieben Songs finden sich auf der DVD, in den vom Rollenwechsel erzwungenen Filmpausen gefüllt von schlichten Animationen der Künstler S77 und Matt Read. Die Rohheit des oft unterbelichteteten und teils unscharfen Bildmaterials steht dabei in starkem Kontrast zum perfektionistischen Sound, der fast wie eine Studioaufnahme klingt. Die DVD ist daher weniger als vollständige state of the art Konzertaufnahme anzusehen, als vielmehr wie eine persönliche Erinnerung, ein visueller Eindruck, unvollständig, verwaschen, aus nur einer einzigen Perspektive, aber dadurch nicht weniger eindrücklich.

Die dazugehörige CD liefert insgesamt 13 Songs vom Konzert in Boston und ist mit Songs wie „Them Belly Full“, „I Shot The Sherriff“ oder „No Woman No Cry“ eine schöne Ergänzung zu den Aufnahmen aus dem Live-Album „Babylon by Bus“ aus Bob Marleys Welttournee aus dem Jahr 1978, in dem diese Aufnahmen fehlen.

Bob Marley & The Wailers „Easy Skanking in Boston '78“ BluRay/CD- oder DVD/CD-Set, Tuff Gong, Universal Music, www.bobmarley.com


Jazz und Rock: José James und Meshell Ndegeocello

Jazz und Rock: José James mit While Yo Were Sleeping und Meshell Ndegeocello mit Comet, Come To Me.

José James zweites Blue-Note-Album While Yo Were Sleeping beginnt mit einem an Jimi Hendrix erinnernden Gitarrenintro. Schwere Beats, trockene und warme Bässe, psychedelische Keyboardeinwürfe und dazu die sehr männliche Baritonstimme von dem New Yorker Sänger José James, dies alles klingt nicht nach dem alten Sound des legendären Jazzlabels. Schon mit Norah Jones hat sich Blue Note mehr in Richtung Pop bewegt und tut dies nun mit José James in Richtung New Soul und Rock. Unprätentiöser Gesang und teils rumpelige Backbeats dominieren den Sound dieses auch nach mehrmaligem Hören nicht langweilig werden Werkes. José James gesangliche Unaufgeregtheit macht die Emotionalität der Songs umso stärker und eindrucksvoller. Hymnisch der Satzgesang im Titelsong und immer wieder der Kontrast zwischen starker Brust und verletzlicher Kopfstimme, dazu eine Gitarre, die richtig losrocken darf ohne an Fusiongefrickel zu erinnern. Dieses Album dürfte Jazzfans ebenso gefallen, wie Rock und R&B-Hörer.

Auch Bassistin, Sängerin und Songwriterin Meshell Ndegeocello zeigt deutliche Rockeinflüsse auf ihrem bereits im Sommer erschienen Album Comet, Come To Me. Schon der erste Song Friends erzeugt mit seinen vielen männlichen und weiblichen Stimmen, Rap, Gesang, Geraune, teils fiesen, teils unheimlichen Synthesizer-Sounds mit Anleihen an Rock, HipHop und Elektronischer Musik eine ganz eigene seltsame Stimmung.

Abgemildert wird diese Experimentierfreude dann wieder durch Songs wie Tom mit seinen bluesigen Country-Gitarren-Riffs. Klanglich ausgefeilte Tracks sind es allesamt, die das Hören unter dem Kopfhörer oder mit guten Lautsprechern empfehlen. Auch bei Meshell gehen rockige Backbeats und eine gesangliche Unaufgeregtheit mit großer emotionaler Wirkung einher. Es ist ein Album, das ebenfalls auch nach mehrmaligem Hören nicht langweilig werden will, sondern seinen Ausnahmecharakter erhält. Auch die stilistische Bandbreite ist groß und reicht von Dub-Reggae-Anklängen zu Pop, Soul und Rock. Freien Geistern wird dieses Album mit großartigen Songs wie Shopping for Jazz begeleitet von Western- und Slidegitarre, Synthesizer und E-Piano (was für eine Mischung!) lange Zeit große Freude bereiten.

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Mehr infos unter www.oliverhafkeahmad.de.

 
     





gefläshed - Magazin für Musik und Kultur