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Berlinale 2019

Wo aus Wind eine Zukunft wird

Der Film The Boy Who Harnessed the Wind bei der Berlinale Special Gala

Maxwell Simba in der Rolle von William Kamkwamba. Foto: Promo Netflix, Ilze Kitshoff

Weite afrikanische Landschaft, Wind fegt durch einen Schilfhain. Maskentänzer auf Stelzen gehen zu einer Zeremonie. Dorfleben im südostafrikanischen Malawi: ein Junge bekommt eine Schuluniform für die Oberschule geschenkt, der Vater hackt mit einfachstem Werkzeug auf der familieneigenen Scholle. William, der Sohn, liebt es, an elektrischen Geräten zu tüfteln und repariert die Radios der Eltern und Nachbarn. Auf dem lokalen Schrottplatz, womöglich gefüllt mit europäischen Müllexporten, findet sich immer irgendetwas brauchbares. Die Eltern sind Bauern und müssen kalkulieren, können wir uns das Schulgeld leisten oder müssen wir das Geld zurücklegen falls es eine Missernte gibt? Erst gibt es zuviel Regen, dann zuviel Trockenheit, viele Bauern verkaufen gegen den Rat des Dorfchiefs die schützenden Bäume.

Die Missernte kommt, der Junge (Maxwell Simba) darf nicht mehr zur Schule gehen, Hunger nimmt das Dorf in Besitz und beginnt, die Einwohner zu vertreiben. Doch der Junge hat eine Idee, warum nicht den Wind nutzen und ein Windrad bauen, um Strom zu erzeugen und damit eine Autobatterie aufzuladen, die dann eine Pumpe antreibt, mit der das Wasser aus dem Brunnen auf die staubtrockenen Felder geleitet werden kann? Wie das gehen soll, lernt er in der Schulbibliothek, in die sich der Junge heimlich hineinschleicht. Der Vater muss dafür aber sein Fahrrad opfern, einziges Fahrzeug der Familie, der ehemalige Lehrer des Jungen, inzwischen mit dessen Schwester durchgebrannt, spendet den Dynamo seines chinesischen Fahrrads.

Dem britischen Schauspieler und Regisseur Chiwetel Ejiofor (Hauptdarsteller in 12 Years A Slave) ist mit seinem Regiedebüt und einem ausdrucksstarken Casting (bildschön und kraftvoll: Aïssa Maïga als Mutter) ein mitreißender Film gelungen, in dem er selbst den besorgten aber ungebildeten und wissenschaftsskeptischen Vater spielt. Der Film handelt von der unschätzbaren Bedeutung von Bildung für die Fähigkeit scheinbar unabwendbare Probleme zu lösen und damit gutes für seine Community zu tun und schicksalhafte Kreisläufe zu durchbrechen.

Der Film, eine Netflix-Produktion und ebendort demnächst zu sehen, beruht auf der wahren Geschichte und dem autobiografischen Roman von William Kamkwamba. Er hat darin seinen eigenen Werdegang beschrieben: vom tüftelnden Dorfjungen, der mit seinem gegen viele Widerstände selbst gebauten Windrad seinem Dorf eine stabile Wasserversorgung und zwei Ernten pro Jahr beschert hat, zum Schüler, Studenten, zum Absolventen der Umweltwissenschaften und heutigen Innovationsmanager, der in der Pressekonferenz der Berlinale davon träumt, in seinem Land ein Innovationszentrum aufzubauen.

Beim Screening des Films im Friedrichstadtpalast im Rahmen der Berlinale Special Gala erhält der Film, sein Regisseur, die SchauspielerInnen und der Autor des Romans zu Recht minutenlange Standing Ovations. Ein großartiger und inspirierender Film, der nicht nur von der Kraft des Windes und des Erfindungsgeistes, sondern ganz nebenbei auch noch von der spirituellen Kultur, von der Sprachenvielfalt, der weiten Landschaft und den Menschen in Malawi erzählt. Er zeigt einmal mehr, der afrikanische Kontinent und noch viel allgemeiner, die Peripherie jenseits der großen internationalen Metropolen, hat noch viele Geschichten von universeller Bedeutung zu erzählen, dank der Berlinale finden sie auch ein internationales Publikum.

www.berlinale.de

Video der Berlinale Pressekonferenz



 
     





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